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26.05.2006

Sehnsucht nach dem Dschungel

Langsam gehen die Einsätze unserer SMs zu Ende.

So haben wir diese Woche die vorläufig letzten schriftlichen Neuigkeiten von Angelina bekommen. Aber bevor wir viele Worte verlieren, lest selbst!
(Auszug aus einem E-Mail vom 21. Mai 2006)

"... Leider habe ich deine E-Mail erst gestern, Freitag, den 19. Mai, lesen können, weil ich im Dschungel keinen Zugang zu meinem persönlich Account hatte. Das tut mir wirklich Leid, ich hätte auch gerne mehr geschrieben. Aber ich glaube, inzwischen wurde schon das Video gezeigt, das der Gerhard während seines Aufenthaltes in Paruima gedreht hat, oder? Ich hoffe, es hat euch gefallen.

Zur Zeit bin ich in Georgetown, seit vergangenen Mittwoch. Ich muss sagen, dass es mir nicht allzu gut geht, weil ich Paruima und die Schüler sehr vermisse, die mir sehr ans Herz gewachsen sind. Allein vom Interior/Dschungel nach Georgetown, der Hauptstadt von Guyana, zu kommen ist schon ein Kulturschock. Ich frage mich, wie es sein wird, wenn ich erst wieder nach Deutschland komme. Aber andererseits bin ich auch sehr dankbar, dass ich diese Erfahrung erleben durfte. Gott hat mich sehr gesegnet während meines Aufenthaltes im Missionsgebiet. Und in jeder Woche, in jedem Monat, durfte ich etwas anderes lernen.

Nachdem Gott in der ersten Zeit sehr an mir gearbeitet hat, hat Er meinen Blickwinkel in den letzten Wochen und Monaten mehr auf die Schüler gerichtet und mir eine große Last aufs Herz gelegt. Anfangs war ich (wie die restlichen Lehrer) blind für das, was bei den Schülern abgeht, blind für ihre Probleme. Ich habe aber durch meine Freundschaft mit den Schülern ihr Vertrauen gewonnen, und nach und nach durfte ich gute Gespräche mit ihnen führen, mit ihnen beten und sie einfach in ihrem jungen Glauben unterstützen. Das ist eine der schönsten Erfahrungen, die ich dort gemacht habe. An einem Sabbat Abend zum Beispiel habe ich mit Kevin geredet, und er hat mir von seinem alten Leben erzählt: "I was a bad boy, Miss." Er hat mir davon erzählt, wie er mit seiner Gang Diebstähle unternommen hat, wie er mit seinem Headphone seine Kollegen dirigiert hat, wie er mit seiner Knarre durch die Gegend herumgelaufen ist ... und seine Kollegen hatten sogar bei einer Gelegenheit einen Mord begangen. Und genau dieser Kevin, als ich ihn gefragt habe, ob wir zusammen beten wollen, meinte mit einem Lächeln im Gesicht: "Yes, Miss." Und nicht wenige Tage später stand Kevin vorne in der Chapel und hat eine kurze Andacht gehalten. Es ist unglaublich, wie sehr Gott Menschen verändern kann.

Aber ich glaube, dass die größte Arbeit noch vor uns liegt. Ich habe einigen Schülern versprochen, jeden Tag für sie zu beten. Ich weiß, dass das Gebet viel bewirken kann, und dass sie es wirklich brauchen – gerade jetzt, wo die Schüler in ihre alte Umgebung zurückkommen und neuen Versuchungen ausgesetzt sind. Genauso habe ich aber auch für euch in Bogenhofen gebetet. Jetzt habe ich einen kleinen Einblick, wie viel die Lehrer hier leisten. Manche sind ständig abrufbar, und es gibt keine "Pause". Ja, als Christ hat man keinen "Urlaub". Entweder man ist immer ein Christ und ständig für andere da oder man ist es nicht. Wenn ich in dem Missionsgebiet bin und eine Maske aufsetze, dann werde ich nicht lange Energie dafür haben, meine Maske aufrechtzuerhalten. Ich bin dort nämlich ständig mit den Schülern zusammen. Morgens in der Andacht, beim Frühstück, auf der Farm, danach in der Dusche (wir haben eine riesige Dusche, wo ungefähr 5 bis 6 Mädels hineinpassen), im Unterricht, Mittagessen, etc. Und dann abends in der Bibliothek. Ich kann mich an einen Tag erinnern, kurz vor den "Final Exams", an dem ich ziemlich erschöpft war, aber noch Bibliotheksaufsicht hatte. Einer meiner Schüler, Beaton, kam zu mir und wollte mich etwas fragen. Ich dachte mir: "Ich habe jetzt wirklich keine Lust, das noch zu erklären", (nachdem ich es sowieso schon dutzende Male im Unterricht und privat erklärt hatte), aber ich habe ein Gebet zu Gott geschickt, und die nächsten Minuten wurden unvergesslich. Ich sollte "the great controversy" noch mal erklären. Ich habe ihm dann mehr oder weniger das erste Kapitel aus Patriarchen und Propheten vorgelesen und erklärt, und Beaton war total begeistert und meinte, er verstünde so viele Dinge jetzt viel besser. Später hat er mir noch von seinem Gebetsleben erzählt, wie ihm immer wieder einmal einfällt, er sollte doch mal mit Gott reden, und er es in Gedanken dann tut, und dass er sich aber nicht traut, seine Freunde zu fragen, ob sie mit ihm beten wollen. Wir haben dann zusammen gebetet, d.h. eigentlich hat nur er gebetet, auch für mich, was sehr bewegend war.

Das sind so einige Erfahrungen, die mir spontan einfallen. Ich freue mich aber schon, bald wieder in Bogenhofen zu sein (wahrscheinlich am 9. Juni), einige Bilder zu zeigen und vielleicht auch die eine oder andere Erfahrung zu berichten.

Danke auf jeden Fall für deine E-Mail und deine Ermutigung. Es tut gut zu wissen, dass Menschen für einen beten und an einen denken. ... Angelina"

Wir freuen uns schon auf deinen Besuch! Dir und allen Besuchern unseres Weblogs wünschen wir einen gesegneten Sabbat!